In den letzten 20 Jahren hat die russische Gesellschaft eine gewaltige Wende durchlebt. Am Anfang des 21. Jahrhunderts steigerte sich die Finanzkraft einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe durch Bereicherung auf der Basis von Öl- und Gasexporten, sowie durch korrumpierte Wirtschaft ins nahezu Unermessliche.
In der sowjetischen Vergangenheit konnte sich keine Tradition und keine Kultur des Umgangs mit Kapital entwickeln. Als Folge manifestierte sich das schnell verdiente Geld neuer Eliten in einem luxuriösen Lebensstil, der den neuen gesellschaftlichen Status zeigte. Das Diktat von demonstrativem Konsum und entfesselten Eitelkeiten gipfelte in den grotesken Formen eines »Glamour«, der zum Vorbild und zur Projektionsfläche der Träume für den Großteil der Bevölkerung wurde und Traum blieb.
Der Mangel an sozialen Bewusstsein und gesellschaftlicher Verantwortung verhinderte den Aufbau einer Zivilgesellschaft, welches wiederum zur einer gewaltigen Spaltung, Orientierungslosigkeit und Radikalisierung in der heutigen Gesellschaft führt.
Wie wird diese rasante Entwicklung in der bildenden Kunst reflektiert?
Die Ausstellung wurde von einem Vermittlungsprogramm begleitet. Künstlergespräche, Podiumsdiskussionen, Vorträge und Performance widmeten sich im internationalen Kontext dem Themenkreis der Folgen des »Glam-Kapitalismus«.
»…after Glamour«
An artistic analysis of current developments in russian society by Natalia Gershevskaya and Jewgenija Tschuikowa.
Venue:
KIT (Kunst im Tunnel: Art in the Tunnel), an exhibition space at the Düsseldorf Kunsthalle
August 26 – October 30, 2016
Exhibition concept:
In the past 20 years, Russian society has undergone a tremendous change. At the beginning of the 21st century, the financial strength of a particular social group increased immeasurably due to oil and gas exports, as well as a corrupt economy.
In the Soviet past, no tradition or culture of dealing with capital could possibly develop. As a result, the quickly earned money of the new elites manifested itself in a luxurious lifestyle showing off their new social status. The dictates of conspicuous consumption and unbridled vanity culminated in grotesque forms of glamour, which became a model and a dream projection – and remained a dream for the majority of the population.
The lack of social awareness and social responsibility prevented the building of a civil society, which in turn lead to enormous social division, and to the disorientation and radicalization of today’s society.
How is this rapid development reflected in the visual arts?
The exhibition is accompanied by an education program. This will provide an international context where artist talks, panel discussions, lectures and performances will examine in the consequences of glam capitalism.
»…после гламура«
выставка произведений московских художников, посвящённая художественному анализу феномена »гламур« и его последствий для развития российского общества
Кураторы:
Наталия Гершевская и Евгения Чуйкова
Место проведения выставки:
КИТ - искусство в туннеле, муниципальное выставочное пространство города Дюссельдорф и Кунстхалле Дюссельдорф
Время проведения выставки:
27 августа – 30 октября 2016
26 августа, 19 часов
Концепт выставки:
За последние 25 лет российское общество пережило целый ряд экзистенциальных изменений. Одним из последствий социалистического прошлого явилось отсутствие традиции и культуры обращения с капиталом. В начале 21 столетия неизмеримо возросла финансовая мощь определённой общественной группы, проявившаяся в роскошном образе жизни, демонстрирующем новый социальный статус. Диктат показного потребления и демонстрация разнузданного тщеславия воплотились в гротескных формах гламура, ставших моделью и проекцией романтической мечты для большинства населения, и так и оставшейся недостижимой мечтой.
Характер этого, по-своему уникального времени стал источником вдохновения художников: спонтанность, свобода, страсть, гротескные формы реальности - вся противоречивая и живая атмосфера нашла своё выражение в интенсивном художественном языке актуального искусства. Художники, рефлексирующие феномен гламура в своих произведениях, использовали саму атрибутику гламура , интегрируя её в свои художественные высказывания.
Однако, в этот период интенсивного экономического подъёма не было создано последовательно выраженного импульса к построению гражданского общества с осознанием социальной ответственности и реальных нужд широкого слоя населения, что привело к возникновению атмосферы раскола, дезориентации и радикализации в российском обществе сегодня.
Какова роль гламура в подобном развитии? Являются ли ослепительная красота бытия и ощущение непрекращающегося праздника жизни лишь целенаправленным подавлением восприятия гораздо более тяжёлой реальности?
Выставка показывает амбивалентность времени в художественных произведениях с юмором и глубоким пониманием искусства как критического языка.
Выставка сопровождается информационно-образовательной программой. Лекции, круглые столы и дискуссии будут посвящены анализу последствий »глэм-капитализма« в международном контексте.
Мы как кураторы выставки видим шансы для более позитивного развития, как общества самой России, так и отношений России и Запада в многообразии независимых культурных проектов, свободно трактующих и анализирующих актуальные и эмоционально затрагивающие людей темы. При выборе тем нам важно не оставаться в рамках локального контекста, но, как на примере выставки »…после гламура«, создать живую, противоречивую и социально значимую основу для конструктивной дискуссии, устанавливая междисциплинарные связи. Нашу цель мы видим в представлении и продвижении свободного от цензуры русского искусства на Западе, создавая тем самым прогрессивный и привлекательный образа новой России.
Eröffnung am Freitag, 26. August 2016, um 19 Uhr
Begrüßung
Gertrud Peters
Einführung
Natalia Gershevskaya und Jewgenija Tschuikowa,
Kuratorinnen der Ausstellung
Live-Performance
»Isolation«von Olga Kroytor
2007 erschienen in der überregionalen russischen Presse 428 Artikel über Glamour, im Internet sogar mehr als 1.000. Das bewog russische Journalisten Glamour zum »Wort des Jahres« zu erklären. In den Talkshows, auf den Seiten der Hochglanzmagazine, während der Ausstellungseröffnungen überall schien es zu glamouren. Ja selbst Vladimir Putin setzte während seiner Wahlkampagne vor der Präsidentenwahl im Jahre 2008 eindeutig auf Glamour. Das brachte die russische Kulturkritikerin Olga Mesropowa dazu, Glamour als »dominanten ästhetischen Modus« der postsowjetischen Gesellschaft zu bezeichnen.
Glamour ist jedoch nicht nur eine Erscheinung, welche die postsowjetische Gesellschaft immer mehr durchdringt. Spätestens seit den 80 Jahre begann sich auch in den westlichen neoliberal kapitalistischen Gesellschaften Glamour, der früher auf die Filmindustrie beschränkt war, nicht nur verstärkt in den Massenmedien auszubreiten, sondern im gesamten kulturellen Leben. Man sprach zum Beispiel vom Glamrock und meinte damit etwa die Auftritte der Popmusiker David Bowie oder Iggy Pop. Glamour schlich sich auch immer mehr in die westliche Kunst ein. Andy Warhol galt als glamourös, genauso wie diejenigen, die sich von ihm porträtieren ließen. Erinnert sei auch an die Ausstellungsräume mit aufgereihten Luxuseinkaufstüten von Sylvie Fleurie oder an einige Filme des italienischen Künstlers Francesco Vezzoli. Kein Wunder, dass im Jahre 2004 das Züricher Migros Museum für Gegenwartskunst die Ausstellung The Future Has a Silver Lining Genealogies of Glamour ausrichtete, die dem gegenseitigen Verhältnis zeitgenössischer Kunst und Glamour nachging. Dabei war Glamour für die klassische Moderne, zumal für die kritische Theorie wenn nicht gerade ein Ausdruck eines falschen Lebens so doch ein Tabu und das obwohl der Surrealismus bereits auf Glamour setzte, ganz abgesehen davon, dass auch schon die Pop Art in den 60 Jahren Glamour bewusst als eine künstlerische Strategie einsetzte.
Doch was ist eigentlich Glamour? Eine zweischneidige, daher höchst ambivalente Angelegenheit. Das geht schon aus der Etymologie des Wortes Glamour hervor. Glamour leitet sich von dem schottischen Wort grammar ab, das im Mittelalter die Regeln der katholischen Scholastik bezeichnete, bevor es von protestantischen Propagandisten in Bezeichnung für böse Magie und Zauberkunst umgedeutet, also negativ besetzt wurde. Doch was ist Magie? Magie will verzaubern, deswegen erzeugt sie Natur übersteigende, verführerische Effekte. Gleichzeitig hofft sie, durch die Verzauberung, die in rituellen Handlungen Mittels Verführung geschieht, die Natur und mit ihr auch den Menschen kontrollieren zu können. Magie hat also einiges mit Macht zu tun, gleichzeitig jedoch, da sie erfinderisch sein muss, kann sie durchaus kreativ und experimentell sein, ja sie kann sogar emanzipatorische Impulse freisetzen. Und diese Ambivalenz eines Machtanspruchs, der Affirmation, ja Unterwerfung erwartet, auf der einen Seite und emanzipatorischer Impulse auf der anderen, sollte man vor Augen haben, wenn man über Glamour spricht.
Denn das hilft zu verstehen, warum Glamour gerade die postsowjetische russische Gesellschaft heute stärker als andere Gesellschaften im Atem hält. Nach dem Zusammenbruch der sowjetischen Ideologie, die in Wirklichkeit eine Ersatzreligion von ausgeprägt magischer Wirkung war, entstand eine Leere und Haltlosigkeit, die den tief verunsicherten Menschen in ein Dilemma stürzte: entweder schnell wieder nach einem neuen Magier zu suchen, der einem den verlorenen Halt wiedergibt, oder in der Leere und Haltlosigkeit ein Sprungbrett in die Emanzipation zu sehen. Und da wird Glamour von Bedeutung, denn Glamour verspricht beides: Halt durch Affirmation wie auch den Sprung in die Emanzipation, hält jedoch das Versprächen in beiden Fällen nicht ein, denn es handelt sich dem Wesen nach bei Glamour um Magie, die wie bekannt mit Tricks arbeitet, welche die Angewohnheit haben, früher oder später wie eine Seifenblase zu platzen. In der Ausstellung „… nach Glamour“ sind es genau diese Momente, welche die Tricks als das zeigen was sie sind – nämlich nach Parfüm einer Luxusmarke duftenden Seifenblasen, wobei in dieser Ausstellung auch die emanzipatorischen Elemente, dieses Janusköpfige des Glamours, zum Vorschein kommen.
Glamour setzt auf Verführung. Daher ist Sex immer im Spiel, denn was ist entwaffnender als sexuelle Verführung? Auch Putin setzte bewusst während seines Wahlkampfes auf Sex. Wie ein Hollywoodheld inszenierte er, dem Sexappeal eines James Bond nacheifernd, seine sexualisierte männliche Potenz. Eben wie ein Hollywoodschauspieler – der US-Amerikanische Präsident Ronald Reagan war wenigstens ein echter Hollywoodschauspieler – trat er in verkitscht idealisierten Aufnahmen, die ihn beim Steuern eines Flugzeugs, Schießen oder mit nackten Oberkörper beim Fischen zeigten und auf die jeder Hollywoodfilmemacher der 50 Jahre des vorigen Jahrhunderts neidisch sein könnte. Auf dieses Protzen mit männlicher Potenz reagierte 2014 der Künstler Vikenti Nilin mit einer bitterbösen Parodie. Er baute eine Vorrichtung, die vor einem Spiegel ein Gewicht von 20 Kilogramm hält. Als Mann kann man seinen erregierten Penis durch den Griff des Gewichts stecken und – wow! – es sieht in dem davor stehenden Spiegel so aus, als ob der Penis das Gewicht halten würde. From the selfie machine series heißen dann die so entstandenen Fotos.
Da es bei Glamour um Sex geht spielt der menschliche Körper eine zentrale Rolle. Der glamouröse Körper ist hohen Erwartungen unterworfen. Im Falle von Putin dem männlichen Potenzzwang doch wie ist es bei dem weiblichen Körper? Der weibliche Körper wird diszipliniert, rasiert und operiert, um jenem Schönheitsideal zu entsprechen, wie ihn die Welt des Glamours erwartet. Als eine Opposition zu dieser Erwartung sind daher die Bilder von Viktor Kirillov-Dubinskiy zu sehen. Es sind schwarzweiße aufwendig gemalte, Fotoaufnahmen imitierende Bilder, die wie die Serie Creation of the World von 2015 nackte weibliche oft obszön unperfekte Körper zeigen, die dem glamourösen Schönheitsideal ein Hohn sind. Man ist seltsam, fast peinlich berührt, ja irritiert bei diesen Bildern; aber weniger durch das Obszöne, vielmehr durch das Unperfekte des Körpers. So sehr hat man sich an die perfekte weibliche Körper der glamourösen Welt gewöhnt und das obwohl sie im nichtglamourösen Leben eher eine Ausnahme sind.
Nicht nur ein perfekter Körper, sondern auch die Kleidung ist für das glamouröse Erscheinen entscheidend. Möglichst schrill, aus teurem Material, den weiblichen Sexappeal durch tiefe Ausschnitte und hohe Absätze betonend, soll die Kleidung sein, die so zur Verkleidung wird. Die Künstlerin Anna Zholud führt mit ihrem Objekt Iron Wedding von 2008 all dies ad absurdum. Sie zeigt eine Kleiderstange mit Bügeln aus Draht, auf der lange Kleider allerdings nur durch weißen Draht in ihren Umrissen angedeutet hängen. Sie verkleiden nicht, ihre potentiellen Trägerinnen sind nackt, nackt wie in dem Märchen Des Kaisers neue Kleider.
Anders geht mit solchen Erwartungen die Künstlerin Olya Kroytor um. Sie reizt in ihren Performances das Glamouröse bewusst aus. So hängt sie in einer gestylten Aufmachung mit langen offnen Haaren selbstbewusst in einer Höhe von mehr als 3 Metern an einer Wand. Sie ist von einem Lichtspot beleuchtet, daher strahlt sie, obwohl sie eher an eine Gekreuzigte erinnert. Von ihrem Leib rollt ein roter Teppich bis auf den Boden und lädt zum Betreten ein. Eben jener Teppich, auf dem die Filmstars ihre glamourösen Auftritte zelebrieren und den man daher als einen der ultimativen Orte der Eitelkeiten bezeichnen kann. Isolation heißt diese Performance von 2014.
Doch so eindeutig als kritische Distanz zu glamourösen Auftritten ist das Werk von Kroytor nicht. Das Ambivalente des Glamours kommt hier zum Vorschein. Denn Glamour kann bei Frauen das Interesse für den eigenen weiblichen Körper und mit ihm für die eigene weibliche Sexualität wecken. Das kann zumal in Russland nach Jahrzehnten sowjetischer Unterdrückung jeglicher weiblichen sexuellen Regung durchaus emanzipierend wirken. Wie die Kunsttheoretikerin Marion von Osten während des Symposiums, das die am Anfang erwähnte Ausstellung The Future Has a Silver Lining Genealogies of Glamour im Migros Museum begleitete, überzeugend zeigen konnte, waren es in den 30 Jahren des vorigen Jahrhunderts gerade Hollywoodfilme, in denen glamouröse Frauen auftraten, die zur beruflichen Emanzipation und sozialem Aufstieg von Frauen beigetragen haben. Glamour wurde in diesen Filmen als erlernbar und daher auch für kleine Fabrikarbeiterinnen verfügbar dargestellt.
Ähnliche Aufgabe kann Glamour heute in der postsowjetischen russischen Gesellschaft erfüllen. Das zeigt das Beispiel der Journalistin und Talkshowmasterin Xenia Sobtschak, der Tochter des früheren St. Petersburger Bürgermeister Anatolij Sobtschaks, die als bekennendes Glamourgirl heute eine engagierte kritische Position einnimmt. Zusammen mit Oksana Robski veröffentlichte sie das Buch Wie angele ich einen Millionär?, das eine ironische Anspielung auf Versuche ist, durch den Einsatz weiblichen Sexappeals den sozialen Status durch Heirat zu verbessern.
Verführung setzt auf Schein. Daher ist beim Glamour der Lichtstrahl, das Glitzern, das Blenden immer gegenwärtig. Ein leuchtend roter Nagellack oder ein Lippenstift sind solche glamourösen Instrumente, die das Nichterwünschte, der Norm Nichtensprechende überblenden können. Nagellack und Lippenstift – Sinnbilder des Glamours. Elena Berg klebt flächendeckend künstliche farbige Fingernägel auf Leinwände und nennt so ein 2012 entstandenes Bild Illuvium. Die aufgeklebten Fingernägel erinnern an Krallen und vermitteln so etwas Aggressives. Jewgenija Tschuikowa malt sozusagen mit ihren Lippen, die mit rotem Lippenstift geschminkt sind. Sie küsst die Leinwände womit sie ihre Energie auf die Flächen ihrer Bilder überträgt. Die Titel der jeweiligen Bilder geben dann die Zahl der Küsse, den Name und die Nummer des jeweiligen Lippenstiftes wieder. Zum Beispiel wie bei der Serie Dolce Vita Red 48466 von 2008/2011 15619x First Love 419, 10905x Innocence 351. Auch baut sie Objekte, die aus Beton, in das Nagellackfläschen eingelassen sind und in ihrem gewollten Kaputtsein eher an Zerstörung erinnern. Anders geht Leonid Sokhranski mit dem leuchtenden Glanz um. Er lässt 2016 aus Polyester in kitschig leuchtenden Farben ein am Kopf verwachsenes Zwillingspaar formen. Das künstliche Schönheitsideal knallt hier, wie auch in den Betonobjekten von Tschuikowa auf eine brutale Weise mit dem Deformierten zusammen.
Glanz und Glitzer sind nie weit vom Kitsch entfernt. Kitsch kann durch Anbiederung und Verniedlichung verführen. Plüschtiere in süßen Bonbonfarben sind zum Beispiel solche kitschigen Objekte. Rostan Tavasiev setzt drei rosaroten Plüschhasen auf drei Tretgestelle, die durch ihr Treten die Projektion eines Filmes am Laufen halten. Was zeigt die Projektion? Plüschtiere. Cinema heißt diese Installation von 2006. Glitzer, Glanz, schrilles Auftreten und Kitsch werden oft von sozialen oder geschlechtlichen Randgruppen wie zum Beispiel Transvestiten eingesetzt um bewusst ihre Nichtbereitschaft, bestimmte Normen zu akzeptieren, zu manifestieren. In solchen Fällen kommt eher das Emanzipatorische des Glamours zum Vorschein.
Eine Begleiterscheinung des Glamours ist die Nostalgie, zumal in Gesellschaften deren Gegenwart sich wie in der postsowjetischen durch Brüche und Umbrüche auszeichnet. Da sehnt man sich nach Zeiten als es noch eine Ideologie, Religion oder Magie gab, die Halt versprach. Daher versetzt man sich in solche Zeiten, etwa in die Zeit der männlichen Hollywoodhelden als man sie noch unangefochten – es gab noch keine Verunsicherung durch die feministischen Kritik – für wahre Helden hielt, oder in die 30 oder 50 Jahre des vorigen Jahrhunderts als es Frauen noch möglich war, durch den Einsatz ihrer glamourösen Reize sozial, ob durch ein Job oder durch eine Heirat aufzusteigen. Auch Andrey Kuzkin manipuliert die Zeit; er verpackte 2011 in einer Aktion mit dem Titel ALL AHEAD! seine gesamte Habe, selbst seine frisch abrasierten Haare, in verschieden große Metallboxen, die anschließend verschweißt wurden. Sie werden als Kunstwerk ausgestellt und man kann sie auch einzeln als ein Kunstwerk kaufen. Aber, erst nach 29 Jahren darf man sie öffnen. Und um Nostalgie und um Zeitanhalten geht es auch in der Fotoserie Tin lids von Vadim Gushchin. Sie zeigt Deckel von Einmachgläsern, die Mangels frischer Obst und Gemüse zum sowjetischen Alltag gehörten und als konservierte Ware die Zeit real anhalten konnten.
Glamour bedeutet immer eine Verstellung, die eine Distanz zu dem Ursprünglichen, etwa dem unperfekten Körper, erzeugt. Um diese Distanz zu überbrücken kann man sich des Sexappeals, des Kitsches oder der Nostalgie bedienen. Man kann aber auch mittels einer Parodie, Maskerade – der sich zum Beispiel die Transvestiten bedienen – oder auch einer Ironie diese Kluft zwischen dem Ursprünglichen und dem Glamourösen überbrücken. Bei vielen der hier besprochenen Werke, etwa bei dem 20 Kilo haltenden Penis von Nilin ist Ironie im Spiel. So auch bei den Arbeiten von Konstantin Latyshev. In seinen Drucken, die eine Mischung aus Pop Art und sozialistischem Realismus sind, geht er den Auswirkungen des Glamours ironisch nach. Etwa wenn er das Gesicht einer Frau zeigt, dessen eine Hälfte wie von einem Blitz getroffen erstarrt zu sein scheint. »Sie habe Putin gesehen«, steht drunter geschrieben. Eben, da kommt das Ambivalente des Glamourösen zum Vorschein: wer sich auf das glamouröse Versprechen einlässt, kann gewinnen, geht aber auch gleichzeitig die Gefahr ein, gelähmt zu werden.
© Noemi Smolik
Das Wort „Glamour“, das während der Neunzehnneunzigerjahre dank Hochglanzzeitschriften und Fernsehen Eingang in die russische Sprache fand und damals einen postsowjetischen, kapitalistischen Lifestyle sowie eine neue Konsumkultur propagieren sollte, ist mittlerweile aus der Alltagssprache und den Medien Russlands wieder fast verschwunden. An seine Stelle traten andere Wörter und Ausdrücke, die Rollenmodelle und Konsumideale einer nächsten Generation beschreiben, der Generation der russischen „Hipster“: Angesagt sind nun „neue Urbanistik“, „komfortables Milieu“, „rationeller Gebrauch“ und „ökologisches Bewusstsein“. Chic, Glanz und der zur Schau getragener Reichtum von Glamour gelten als hoffnungslos veraltet und/oder provinziell. Ein Gesicht auf einem Magazincover oder ein Interview in einer populären TV-Show haben aufgehört, Marker des sozialen Erfolges zu sein, der nunmehr an der Zahl von Abonnenten in sozialen Netzwerken und von Likes unter Internetpostings gemessen wird. Gleichzeitig hat die Selfie-Stange dem Celebrity-Kult, diesem Heiligtum des Glamour, einen tödlichen Schlag versetzt: Wozu von einem Foto auf den Gesellschaftsseiten von Printmedien träumen, wenn doch jeder auf Instagram zum Star werden kann?
Als Virtuose der subversiven Affirmationen hat Konstantin Latyschew den letzten Höhenflug der Glaumour-Kultur in einer Mitte der 2000er entstandenen Serie „superelitärer, exklusiver, ultra-extra-plus Bilder“ noch rechtzeitig einfangen können. Das Gros dieser ironischen „Extra-Bilder“ im Geiste von Pop-Art ist „Moskauerinnen und Moskauern“ gewidmet. Die Rede ist von Personen, die Glamour in Reinform verkörperten – sowohl in der rauen Wirklichkeit als auch in Medien, auf Fernsehschirmen oder in der Internetfolklore, auf deren verbale und visuelle Sprache der Künstler zurückgreift. Als diese „Extra-Bilder“ mit idealtypischen „Moskauerinnen“ aus der Internetfolkore, mit knallrotem Lippenstift, Maniküre und Diamanten als ihre natürlich besten Freunde seinerzeit in einer schicken Moskauer Galerie präsentiert wurden, kamen wegen des offensichtlichen Glamour-Faktors von Latyschews Ausstellung Prototypen oder Imitatorinnen seiner Heldinnen (wie kann man hier Kopie vom Original unterscheiden?) zur Vernissage, sie klapperten selbstsicher mit ihren High Heels und ließen ihren Modeschmuck klimpern. Mit seinem hämischen Zerrspiegel, den er der Glamour-Ära hinhielt, nahm Latyschew aber auch die Selfie-Ära vorweg. Eine Brise Glamour sollte sich später bekanntlich noch in der „breiten Volksmasse“ der Internetbenutzer verbreiten.
Nichtsdestotrotz weisen russische Wörterbücher den Eintrag „Glamour“ bislang nicht als veraltet aus und der Begriff vermag nach wie vor die diskursive Energie jener Kunst zu mobilisieren, die einen ganzen Komplex von Problemen und Widersprüchen der neuen postsowjetischen Wirklichkeit deutlich machen will. Die Bandbreite liegt dabei zwischen offensichtlichen sozialen Ungerechtigkeiten, kultureller Vereinfachung wie Verflachung in Unterhaltungsformaten und der Propaganda konservativ-imperialer Werte. Denn hinter Glamour verbarg sich ein kulturelles Koordinatensystem, das sich durch einen ähnlich durchdringenden Charakter wie die Doktrin des sozialistischen Realismus auszeichnete. Im Unterschied zum Sozrealismus war Glamour jedoch nicht von oben verordnet worden, sondern unerwartet von allen Seiten über die postsowjetische Gesellschaft hereingebrochen. In seiner Ende der 2000er durchgeführten Perfomance „Widerstand“ entfernt Andrej Kuskin stundenlang und voller Hingabe Druckfarbe von Hochglanzzeitschriften, er verwandelt damit mediale Erzeugnisse voll verführerischem Glamour sukzessive in eine einzige Schmutzbrühe.
Es wäre falsch, Kuskins perfomative Praxis als kritische Kunst zu bezeichnen, die mit dem gesamten Arsenal zeitgenössischer Gesellschaftstheorien und politischer Philosophie ausgestattet wäre. Viel eher handelt es sich hier um eine Kunst des romantischen Aufstands gegen den Stand der Dinge und sie steht genetisch mit dem „Moskauer romantischen Konzeptualismus“ (ein von Boris Groys geprägter Begriff) in Verbindung, mit dessen Eskapismus und Metaphysik. Als Stimme der Generation der Dreißigjährigen, die in einer Übergangszeit zwischen Glamour und Hipstertum erwachsen wurden, thematisiert Kuskin in seinen Performances den romantischen Kampf gegen das Spießbürgertum, er versucht aus einer Welt der falschen Dinge auszubrechen und in eine Welt der authentischen existenziellen Erfahrung zu wechseln. Eine wichtige Etappe dieser Freisetzung des menschlichen Wesens aus der Gefangenschaft sozialen Scheins wurde seine Performance „Alles kommt noch“: Der Künstler mauerte sein ganzes bewegliches Vermögen, bis zum letzten Hemd und zur letzten Zeichnung, für geplante 29 Jahre (die Zahl hat eine Bedeutung in seiner privaten Numerologie) in einem Eisencontainer ein. Dieses Loswerden der in seinem bisherigen Leben akkumulierten materiellen Last sollte ermöglichen, praktisch wieder von Null anzufangen. Aber auch die Performances von Olga Krojtor zeichnen sich durch eine Entsagung des Irdischen aus, sie tendieren zu einem äußerst scharfen und spannungsgeladenen Durchleben des Seins: Die Künstlerin macht es einem Einsiedler gleich, der lebendig begraben wird, oder einem Säulenheiligen, der in atemberaubender Höhe über Menschenmassen ragt. Oder sie schwebt wie ein Engel in einem Ausstellungsraum – so hoch, dass ihr lediglich körperlose Wesen nahekommen können, die zuvor über einen in der Luft schwebenden Teppich schreiten müssen. Die „Eventwirtschaft“ mag zwar beliebige Formen des künstlerischen Eskapismus für ihre Zwecke einspannen, daran erinnern, dass im Zeitalter sozialer Medien die Entsagung des Weltlichen nicht mehr als eine Geste ist, und widerständige Künstler in Helden von Hochglanzzeitschriften verwandeln. Letztendlich löst sich dieser Lack des Glamours jedoch wie in Kuskins früher Performance von den bedruckten Seiten.
Der Begriff „Glamour“, der aus der Sphäre von Magie und Zauberei entstammt, kam in seiner aktuellen Bedeutung bereits vor dem Zweiten Weltkrieg in Gebrauch. Seit dem Frühjahr 1939 erschien in den USA die Zeitschrift „Glamour of Hollywood”, deren Titel die Verbindung von Glamour mit Massenkultur, der Verehrung von Berühmtheiten, cineastischen Vorbildern von Schönheit und „Stilikonen“ endgültig fixierte. Freilich diese neue Bedeutung des Wortes entstand etwas früher und nicht in den USA, sondern in Europa: Die ersten Schöpfer von „Glamour“ wirkten in Modezeitschriften der späten Weimarer Republik, etwa in „Die Dame”, „Sport im Bild“ und „Elegante Welt“. Diese Medien schufen eine Atmosphäre von kühler Eleganz, Stil, Chic, Freiheit und Unabhängigkeit, das waren jene Eigenschaften, die seinerzeit Christopher Isherwood in Berlin so sehr in ihren Bann gezogen hatten. Sie schufen eine Märchenatmosphäre vom Dolce Vita einer verlorenen Generation, an der sich jene berauschten, für die es steil nach unten ging, und die gleichzeitig als Vorlage für die Aufsteiger der damaligen Zeit fungierte. Eine analoge Rolle spielte Glamour auch im postsowjetischen Russland, in dessen Kulturschichten „Archäologen“ aus der Kunstszene noch reichhaltiges Material zur Geschichte sozialer Ungleichheiten und kultureller Konflikte ausgraben können. Denn in der materiellen Kultur dieser Übergangszivilisation, wo Tellerwäscher und Millionär jederzeit ihre Platz tauschen können, spiegelt sich nicht nur die Koexistenz, sondern auch die wechselseitige Durchdringungen von Armut und Luxus, von Mangelwirtschaft und Überfluss, von strengem Sparen und ostentativem Konsum.
Für Wadim Guschtschin erweisen sich Verschlusskappen von Gläsern mit Marmelade oder Salzgemüse als Zeitdokument, sie sind ein unerlässliches Attribut von Moskauer Küchen, dem traditionellen Ort für Treffen und Gespräche der sowjetischen Intelligenzija. Wobei es sich um exakt datierte Dokumente handelt, wo jeweils festgehalten ist, wann die jeweilige Hausherrin diese oder jenes einkochte oder -legte. Bei Jelena Berg materialisiert sich die Zeit hingegen in künstlichen Fingernägeln. Diese waren in Mode gekommen als sich die russische Frau einen Status als teure Ware wieder angeeignete, der zuvor durch die deklarierte sowjetische Gleichstellung der Geschlechter aufgehoben worden war. Aus einer großen Anzahl künstlicher Nägel bei Berg entsteht eine minimalistische Tafel mit Rot und Schwarz, die auf die „Quadrate“ von Malewitsch verweisen. Guschtschins Kreise mit Verschlusskappen lassen sich ebenso als Anspielung auf Abstraktionsexperimente der russischen Avantgarde verstehen. Sowohl Deckel als auch Nägel spielen hier die Rolle von Index-Zeichen, die auf Frauenhände und die Frau als obskures Objekt der Begierde verweisen. Beide Spielarten dieser „gegenständlichen Gegenstandslosigkeit“ zeichnen in durchaus realistischer Manier völlig unterschiedliche Stereotypen der Hausfrau: Guschtschin reproduziert ein sowjetisches Stereotyp, das den Platz der „echten Frau“ in der Küche am Herd sieht, Berg ein hingegen postsowjetisches, das der „echten Frau“ gestattet, im Schlafzimmer die Oberherrschaft zu übernehmen.
Eine ähnliche Opposition bilden aber auch die Index-Zeichen in den Arbeiten von Wikenti Nilin und Jewgenija Tschujkowa. Ein Objet trouvé des begabten Archäologen des Alltags Nilin, der in irgendeinem Kasten auf einen Kleiderbügel gebundene Gürtel längst abgetragener oder verlorener Kleider fand. Sie werden für den Fall des Falles aufbewahrt und verweisen auf Armut, Unsicherheit und permanentes Warendefizit im Land, in dem alle wirtschaftlichen Ressourcen für die Militärindustrie verwendet werden. Dieses aus anthropologischer Sicht äußerst wertvolle Fundstück zeigt, dass Ilja Kabakow unter anderem mit seiner Erfindung des „Menschen, der niemals etwas wegwarf“ im Grunde genommen ein realistischer Künstler war. Die einfärbigen, knallroten Bilder von Tschujkowa verweisen hingegen auf eine Überproduktion von erotischen Motiven in der Werbung eines Landes, das in den Jahren der primären Akkumulation des Kapitals von allen verbotenen Früchten genascht hat: Bei genauem Hinsehen entpuppen sich die pointillistischen Abstraktionen als Küsse mit Lippenstift auf Leinwand. Die Spuren des Lippenstift verbleichen zunehmend, sie zeugen vom Verbrauch des Materials, abflauenden Gefühlen und der Vergänglichkeit glamouröser Versuchungen.
Nach dem Glamour bleiben trübe Spuren von Druckfarben, verwischter Lippenstift, abbröckelnder Lack für Fingernägel, aber auch Kitsch. Dieser kann sarkastisch und angsteinflößend sein, etwa in den monströsen Figuren aus Leonid Sochranskis Schauerkabinett, die aus einer Bonbon-artigen Masse bestehen. Oder auch scherzhaft, etwa in der Installationen von Rostan Tawassijew, wo rosa Plüschhasen wie Eichhörnchen in einem Laufrad in die Pedalen eines mit einem Filmprojektor verbundenen Hometrainers treten, um sich einen Film darüber anzusehen, zu welchem Ideal rosa Plüschhasen streben sollten. Keine Erscheinung der sichtbaren Welt, das wissen wir aus der Kunstgeschichte, wurde derart künstlerischer Gewalt ausgesetzt wie der menschliche Körper, dessen rohe Realität jede künstlerische Epoche und jeder Stil transformiert hat – jeweils in Einklang mit gerade aktuellen Vorstellungen vom Ideal, von Schönheit und von Harmonie. Die Epoche des Glamours sorgte jedoch für einen Eingriff in das Leben selbst, in dem Millionen von Konsumenten Normen idealer Proportionen aufgedrängt wurden. In der fotorealistischen Malerei von Wiktor Kirillow erscheint ein ungeschminkter Körper, der gegen glamouröse Normen rebelliert. Just dieser Körper erlangt in seiner dokumentarischen Authentizität psychologische Züge und wird zur Vorlage für ein Porträt, womit ein über Jahrhunderte entstandenes Genresystem unterminiert wird. Die Subversion kulminiert in der Serie „Die Schaffung der Welt“, die auf „Der Ursprung der Welt“ von Gustave Courbet verweist: Ein Gesicht, das im Bild schamvoll verdeckt wird, fügt dem Porträt letztendlich nichts hinzu – ganz im Unterschied zu jenem üblicherweise Verdeckten, das der Revolutionär aus dem „Pavillon du réalisme“ erstmals dem Betrachter zu zeigen wagte.
Nach dem Glamour bleibt aber auch Leere zurück. Anna Scholud reproduziert nach einer konkreten Methode ein „System der Dinge“ der Verbrauchergesellschaft, das durchaus glamouröse Vorstellungen von Glück und Wohlergehen beinhaltet. Die nur mit Konturen gezeichneten Dinge erweisen sich jedoch, wie auch das System selbst, als betrügerisch und gespensterhaft. Scholuds Konturenskulpturen gehen dabei auf die Konturenzeichnung des 18. Jahrhunderts zurück. Diese Mode, die mit der Beschäftigung mit antiker römischer Vasenmalerei ihren Anfang nahm, eroberte in Folge ganz Europa und damit auch das Herzen Goethes und der deutschen Romantiker: In Konturen, die das eigentliche Wesen des Gegenstands fassten, wurden große Hoffnungen gesetzt - es schien, dass die Kunst eine neue philosophische Sprache gefunden habe, die mit der Literatur konkurrieren könne. Diese Möglichkeiten der Konturenzeichnung wurden sofort auch von Modezeitschriften der Napoleonischen Zeit erkannt – die klar definierte Form und der exakte Schnitt waren nicht minder wichtig als eine klar definierte wissenschaftliche Aussage oder ein exakter militärischer Befehl. In dem sie sich der Kontur bedient, zeigt Scholud in aller Klarheit die Leere einer äußeren Welt, aus der alles Menschliche entfernt wurde. Sogar die Hochzeit, eines der Lieblingssujets von Glamour-Medien, verwandelt sich in das nackte Schema eines entmenschlichten Rituals.
Anna Tolstowa
(Aus dem Russischen von Herwig G. Höller)
Слово «гламур», вошедшее в русский язык в 1990-е годы благодаря глянцевым журналам и телевидению, пропагандировавшим с его помощью новый – постсоветский, капиталистический, буржуазный – образ жизни и новую потребительскую культуру, почти ушло из разговорного и журналистского обихода. На смену явились другие слова и выражения, описывающие ролевые модели и потребительские идеалы следующего поколения, поколения «хипстеров»: в моду вошли «новая урбанистика», «комфортная среда», «разумное потребление», «экологическое сознание» – шик, блеск и показное богатство гламура стали восприниматься как безнадежно устаревшие и/или провинциальные. Лицо на обложке и интервью в популярном телешоу уже не могут быть мерилом социального успеха – теперь он измеряется количеством подписчиков в социальных сетях и лайков под постами. Палка для селфи нанесла смертельный удар по культу селебритиз, святыне гламура: к чему мечтать о фото в светской хронике, когда любой может стать звездой Instagram.
Виртуоз субверсивной аффирмации Константин Латышев успел поймать последний взлет культуры гламура в галерее «суперэлитных, эксклюзивных, ультра-плюс-экстра-картин» середины 2000-х. Изрядная часть ироничных поп-артистских «экстра-картин» посвящена «москвичкам», тем, кто воплощал в себе дистиллированный гламур – в сырой и в медийной реальности, на экранах телевизоров или же в интернет-фольклоре, вербальный и визуальный язык которого эксплуатирует художник. И когда «экстра-картины» с образцовыми «москвичками» интернет-фольклора – алая помада, маникюр и бриллианты, лучшие друзья девушек, – выставлялись в модной московской галерее, на вернисаж, уверенно стуча высоченными каблуками и позвякивая стразами, являлись не то прототипы, не то подражательницы (как отличить копию от оригинала?) латышевских героинь, поскольку выставка Латышева, несомненно, была гламурным событием. Но подставляя эпохе гламура свое насмешливое кривое зеркало, Латышев предвосхитил эпоху селфи, растворившей гламурный экстракт в «широких народных массах» пользователей сети.
Тем не менее слово «гламур» пока не получило пометку «устар.» в словарях и все еще способно мобилизовать дискурсивную энергию искусства, обозначая целый комплекс проблем и противоречий новой постсоветской реальности – от очевидной социальной несправедливости до упрощения и уплощения духовной культуры в формах популярно-развлекательной рекламы или пропаганды консервативных имперских ценностей. Ведь за словом «гламур» скрывалась система культуры, столь же тотальная, как и доктрина социалистического реализма, только не спущенная сверху, а обрушившаяся на постсоветского общество неожиданно и со всех сторон. В перформансе «Сопротивление», сделанном в самом конце 2000-х, Андрей Кузькин на протяжении многих часов остервенело отмывал от типографской краски глянцевые журналы, так что медиапоток соблазнительных образов гламура на глазах превращался в грязную жижу.
Перформативную практику Кузькина было бы неверно описывать как критическое искусство во всеоружии современной социальной теории и политической философии – скорее, это искусство романтического бунта против сложившегося порядка вещей, генетически связанное с «московским романтическим концептуализмом» (термин Бориса Гройса), его эскапизмом и метафизикой. Голос поколения тридцатилетних, взрослевших в межеумочное – между гламуром и хипстерством – время, Кузькин в своих перформансах актуализирует топос борьбы романтизма и филистрества, стремясь вырываться из мира ложных вещей в мир подлинного, экзистенциального опыта. Этапным на пути высвобождения человеческой сущности из плена социальных кажимостей стал перформанс «Все впереди», когда художник замуровал все свое имущество – от последней рубашки до последнего эскиза – в железные короба сроком на 29 лет (число имеет символический смысл в его личной нумерологии), чтобы начать жизнь с чистого листа, буквально сбросив с плеч материальный груз прожитого. Перформансы Ольги Кройтор – столь же решительное отрешение от земной суеты и бегство в область предельной остроты и напряженности переживания бытия: художница уподобляется схимнику, заживо погребенному в земле, столпнику, утвердившемуся на головокружительной высоте посреди городской толпы, или ангелу, вознесшемуся над выставочным залом так высоко, что только бесплотные создания могли бы приблизиться к нему, пройдя по парящей в воздухе ковровой дороже. Пусть «экономика событий» инструментализирует любые формы художественного эскапизма, напоминая, что в эпоху социальных медиа уход от мира может быть не более чем жестом, и превращая художников-бунтарей в героев глянцевых журналов, гламур все же сходит с их страниц, как в раннем кузькинском перформансе.
Слово «гламур», пришедшее из языка магии и колдовства, стало употребляться в своем нынешнем значении еще до Второй мировой войны. Весной 1939 года в США начал издаваться журнал Glamour of Hollywood, чье имя окончательно связало гламур с массовой культурой, поклонением знаменитостям, экранными образами красоты и «иконами стиля». Однако такое новое понимание слова сформировалось чуть ранее и не в Америке, а в Европе: первые творцы гламура трудились в модных журналах поздней Веймарской республики, в Die Dame, Sort im Bild, Elegante Welt и других, создавая атмосферу холодной элегантности, стиля, шика, свободы и независимости, так пленившую Кристофера Ишервуда в Берлине. Атмосферу сказки о dolce vita для потерянного поколения, служившую морфием тем, кто шел на дно, и эталоном тем, кто, наоборот, взлетал наверх. Аналогичную роль сыграл гламур и в постсоветской России, раскопки культурных слоев которой дают художнику-археологу богатый материал к истории социального неравенства и конфликта культур. В предметном мире этой переходной цивилизации, где принц и нищий всегда готовы поменяться местами, отражается не только сосуществование, но и взаимопроникновение бедности и роскоши, общества дефицита и общества товарного перепроизводства, режима жесткой экономии и демонстративного потребления.
Для Вадима Гущина документом своего времени оказываются «Крышки» от банок с вареньями и соленьями – непременный атрибут московских кухонь, традиционного места встреч и общения советской интеллигенции. Причем документом с точной датой, когда хозяйкой дома были сделаны те или иные домашние заготовки. У Елены Берг время материализуется в накладных ногтях, вошедшие в моду, как только женщина начала возвращать себе статус дорого товара, упраздненный было декларативным советским равноправием полов. Из множества накладных ногтей составляются минималистские панно, красное и черное, отсылающие к «квадратам» Малевича. Круги «Крышек» Гущина также подразумевают аллюзию на эксперименты русского авангарда в области абстракции. И крышки банок, и накладные ногти играют роль знаков-индексов, указывающих на женские руки и женщину как смутный объект желания. Но обе разновидности этой новой «предметной беспредметности» вполне реалистично рисуют совершенно различные гендерные стереотипы домохозяйки: у Гущина – советский, предполагающий, что место «настоящей женщины» – на кухне у плиты, у Берг – постсоветский, позволивший «настоящей женщине» воцариться в спальне.
Похожую оппозицию составляют индексальные знаки в работах Викентия Нилина и Евгении Чуйковой. Objet trouve удачливого археолога быта Нилина – найденная в каком-то шифоньере вешалка с гирляндой поясов от давно сношенных или потерянных платьев, что хранятся на всякий случай, – указывает на бедность, тревогу и постоянную нехватку товаров в стране, где все экономические ресурсы работают на военную промышленность. Эта бесценная с антропологической точки зрения находка удостоверяет, что Илья Кабаков, изобретая «Человека, который никогда ничего не выбрасывал» в ряду других своих персонажей, был, в сущности, художником-реалистом. Алые монохромы Чуйковой, напротив, указывают на перепроизводство эротических образов в рекламе страны, разом вкусившей от всех запретных плодов в годы первоначального накопления капитала: пуантилистские абстракции при ближайшем рассмотрении оказывается выполненными в технике «холст, губная помада, поцелуй». Постепенно следы помады бледнеют, свидетельствуя о расходе материала, истончении чувства и эфемерности гламурных соблазнов.
После гламура остаются мутные потеки типографской краски, размазанная помада, облупившийся лак для ногтей и – китч. Саркастический и жутковатый, как в леденцовых уродцах из кунсткамеры Леонида Сохранского. Или шутливый, как в инсталляции Ростана Тавасиева, где плюшевые розовые зайцы, словно белки в колесе, крутят педали велотренажеров, подсоединенных к кинопроектору, чтобы посмотреть фильм о том, к какому идеалу плюшевых розовых зайцев им надлежит стремиться. Из истории искусства известно, что ни одно явление видимого мира не подвергалось такому художественному насилию, как человеческое тело, сырую реальность которого каждая художественная эпоха и каждый стиль преобразовывали в соответствии со своими представлениями об идеале, красоте и гармонии, но только эпоха гламура взялась вносить коррективы в самое жизнь, навязывая миллионам потребителей эталоны идеальных пропорций. В фотореалистической живописи Виктора Кириллова-Дубинского является неприукрашенное, восстающее против гламурной нормы тело, тело как таковое – в своей документальной подлинности оно приобретает психологические черты и делается портретным, подрывая складывавшуюся веками академическую систему жанров. Субверсия достигает кульминации в серии «Сотворение мира», отсылающей к «Происхождению мира» Гюстава Курбе: стыдливо скрытое лицо ничего не добавит к этому портрету – в отличие от того обычно скрытого, что первым осмелился явить глазу зрителя революционер из «Павильона реализма».
После гламура остается опустошение. Анна Желудь методично воспроизводит «систему вещей» потребительского общества, в которую инвестируются вполне гламурные представления о счастье и благополучии, но, нарисованные контуром в пространстве, вещи обманчивы и призрачны, как и сама система. Контурная скульптура Желудь восходит к контурному рисунку конца XVIII века, мода на который пошла из увлекшегося античной вазописью Рима и вскоре завоевала всю Европу, а вместе с ней – сердца Гете и немецких романтиков: на контур, схватывающий самую суть предмета, возлагались большие надежды, казалось, искусство обрело новый философический язык, чтобы состязаться с литературой. Возможности контурного рисунка мгновенно оценили и модные журналы наполеоновского времени, ведь определенность фасона и точность кроя были важны не меньше, чем определенность ученого высказывания или точность военного приказа. Вооружившись контуром, Желудь со всей определенность показывает пустоту вещного мира, когда из него исключено все человеческое, и даже свадьба – излюбленный сюжет гламурных медиа – превращается в голую схему дегуманизированного ритуала.
Анна Толстова
Glamour, oder wie man in Russland sagt, »Glamúr« ist als Definition nicht einfach zu fassen – ein ziemlich verwirrender und zudem sehr vielseitig verwendeter Begriff. Zuweilen ist er auch mit polarisierenden Bewertungen besetzt. Ist es wirklich der funkelnde Lebenstil selbst, sein mediengeschaffenes Bild oder doch eher das stete und sehnsüchtige Streben danach? Als »cheap glamour« manifestiert, lässt sich mit diesem Bemühen um Schein und Glanz wahrscheinlich auch am meisten Geld verdienen. Sind es nur die Waffen der Frauen (in Russland besonders betont in Anspruch genommen) oder vielleicht auch die perfiden Strategien der Unterhaltungsindustrie? Fällt z.B. »Germanys Next Topmodel« noch darunter oder die Show »Deutschland sucht den Superstar«? Die Hochglanzmagazine und die Klatschblätter, nach deren Lektüre das eigene Leben manchmal so frustrierend fade erscheinen könnte und womöglich auch sollte? Übertragen auf die Ernährung – der schnelle Zucker, der zwar ein kurzes Hoch erlaubt, jedoch nicht unbedingt nährt. Oder etwa doch? Fragen, Fragen, Fragen... mehr Fragen als Antworten.
Mit dem Ausstellungsprojekt »…nach Glamour« können wir dem Thema nicht in aller Ausführlichkeit auf den Grund gehen, wir können es dennoch benennen und dabei erstaunt feststellen, dass die Kunst sich damit bisher noch kaum befasst hat! Und dies, obwohl »Glamour« allgegenwärtig ist...
In Russland dagegen ist man darin Experte. Nicht einmal der gefürchtete »Diskurs« kann es sich länger leisten, den Glamour zu ignorieren oder die Nase davor zu rümpfen. Der Schriftsteller Viktor Pelevin spricht z.B. in seinem berühmten wie genialen Roman »Das fünfte Imperium« vom Glamour als vom »Diskurs des Körpers« und vom Diskurs als »Glamour des Geistes«.
Währenddessen verarbeitet die Kunst ihre Erfahrungen und macht dabei die Dinge, die vielleicht anderswo raffinierter verpackt daherkommen, trotzdem wieder sichtbar. Und der Gegenstand der Betrachtung bleibt weiterhin spannend für alle, weil er zutiefst menschlich ist.
Jewgenija Tschuikowa, April 2016
Video
Documentation of the Opening
Radiointerview
deutschlandradio-Kultur »Lippenstift, Luxus, Glamour?«
Eine künstlerische Analyse der russischen Gesellschaft.
Talk with Natalia Gershevskaya
Art-Historian and Curator
26. Aug 2016 | 6 min. | german |
Source: Deutschlandradio Kultur
KIT – Kunst im Tunnel ist ein Ausstellungsraum der Landeshauptstadt Düsseldorf und der Kunsthalle Düsseldorf
Künstlerische Leitung: Gertrud Peters
Direkt unter der Düsseldorfer Rheinuferpromenade – in einem Raum, der zwischen den Tunnelröhren für den Autoverkehr liegt – wurde 2007 mit KIT – Kunst im Tunnel ein spektakulärer Treff für zeitgenössische Kunst eröffnet.
KIT liegt in Höhe des Familienministeriums und der alten Staatskanzlei am Horionplatz. Schon nach der Fertigstellung der Rheinuferpromenade 1995 war der Raum probeweise für Veranstaltungen genutzt worden. Eine dauerhafte Nutzung, wie sie vor allem aus der Kunstszene angeregt wurde, kam unter den damaligen Sicherheitsbedingungen jedoch nicht in Frage.
2006 wurde schließlich das Architekturbüro Fritschi/Stahl/Baum, das schon die Planung für die Gestaltung der Rheinuferpromenade geliefert hatte, mit einem Konzept für die Realisierung eines Ausstellungsraumes beauftragt.
Das sichtbare Entree von KIT – ein zum Rhein hin verglaster Pavillonbau auf der Promenade – beherbergt das KIT Café und ist eine der schönsten gastronomischen Adressen am Rhein. Bei Sonnenschein ist die Terrasse mit Blick auf das Rheinknie ein Ort zum Entspannen und Genießen.
Durch das Café gelangen die Besucher über eine große Treppe oder mit dem Aufzug in den unterirdischen Ausstellungsbereich. Dieser schwingt sich elliptisch über eine Länge von 140 Metern parallel zum Rhein entlang. Deckenhöhe und Breite des Raums variieren. Zwischen den puristischen Betonwänden sind die Werke junger Künstlerinnen und Künstler ausgestellt, welche die Künstlerische Leiterin des KIT, Gertrud Peters, einlädt hier auszustellen.
Gezeigt werden etwa vier bis sechs Wechselausstellungen pro Jahr. Der Schwerpunkt des Programms liegt auf der Präsentation junger, zeitgenössischer Kunst aus den Bereichen Bildhauerei, Malerei, Fotografie, Video- und Installationskunst. Zudem sieht es KIT als seine Aufgabe an, den Austausch zwischen internationalen jungen Künstlerinnen und Künstlern anzuregen und zu fördern. Präsentiert werden meist Gruppenausstellungen, in seltenen Fällen auch Einzelausstellungen. Auftrag des KIT – Kunst im Tunnel ist es, die in den Kunstakademien erworbene Haltung junger Künstlerinnen und Künstler zu fördern und durch Ausstellungen und Publikationen für Unterstützung, Akzeptanz und Anerkennung zu sorgen und erste Erfahrungen mit dem institutionellen Ausstellen zu ermöglichen.
Ein weiteres großes Anliegen des KIT ist die direkte Vermittlung der Ausstellungsinhalten in Form von Workshops und Führungen. Dies geschieht häufig in direkter Kooperation mit den jungen ausstellenden Künstlerinnen und Künstlern.
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KIT (Kunst im Tunnel: Art in the Tunnel) is an exhibition space belonging to the city of Düsseldorf and the Düsseldorf Kunsthalle.
Artistic director: Gertrud Peters
In 2007, directly under the Rhine promenade in Düsseldorf in an area between two road tunnels near the Ministry for Family Affairs and the old State Chancellery on Horionplatz, a spectacular space for contemporary art was opened: »Kunst im Tunnel« (Art in the Tunnel), or »KIT«. This space had been used for events on a trial basis immediately after the completion of the Rhine promenade in 1995. Permanent use, as desired by the art scene, was not an option under the existing security conditions. In 2006, however, the architectural firm Fritschi/Stahl/Baum which had been responsible for the design of the Rhine promenade, was tasked with developing a concept for an exhibition space. The visible entry of KIT – a glassed pavilion on the promenade facing the Rhine – is home to the KIT Café, one of the finest gastronomic venues on the Rhine. When the sun shines, the terrace overlooking the Rhine bend is a perfect place to relax. Via the café and then a grand staircase or the elevator, visitors arrive in the underground exhibition area, which sweeps elliptically along the Rhine for 140 meters.
The ceiling height and the width of the space varies. KIT’s artistic director, Gertrud Peters, invites young artists to exhibit their works on and between the building’s purist concrete walls. About four to six exhibitions take place per year. The program focuses on the presentation of young contemporary art, be it sculpture, painting, photography, video or installations. In addition, KIT sees it as its task to stimulate the exchange between international young artists and to promote them. Most exhibitions feature groups; individual shows are rare exceptions. The goals of KIT are to promote the know-how and ideas of young artists acquired in art academies, to ensure, through exhibitions and publications, the support, acceptance and recognition of contemporary art, and to give young artists a first taste of institutional exhibitions. Another major concern of KIT is the direct mediation of exhibition contents in form of workshops and guided tours. This is often done in close cooperation with the young artists exhibiting.
Jewgenija Tschuikowa wurde 1972 in Moskau in eine Künstlerfamilie hineingeboren, bei der die Großeltern (Evgenia Maleina und Semion Chuikov) bedeutende Protagonisten der sowjetischen Malerei waren. Der Vater Ivan Chuykov dagegen, war ein aktives Mitglied der Untergrundkunstszene und Mitentwickler des Moskauer Konzeptualismus und die Mutter, Galina Malik, arbeitete u.a. als Kostümbildnerin für Theater und Fernsehen.
Seit 1989 studierte Jewgenija Tschuikowa zunächst am Moskauer Polygraphischen Institut. Dann entschloss sie sich zu einem Studienjahr an der Düsseldorfer Kunstakademie, gerade in der Aufbruch- und Wendezeit, bzw. während der Auflösung der Sowjetunion. Das Studium dauerte dann doch bis 1997, endete mit dem Meisterschülerabschluss beim Prof. Christian Megert und zog danach noch weitere 18 Jahre in Deutschland nach sich. Während dieser Zeit hat sie an vielen Projekten in Europa teilgenommen und ihre Arbeiten in mehreren Einzelausstellungen gezeigt – seit 2001 auch in Russland. Dort hat sie von 2005–2012 mit der Galerie Aidan, der ersten privaten Galerie für moderne Kunst in Russland, gearbeitet und den Kontakt zur Moskauer Kunstszene intensiviert. Es folgten Arbeiten im Bereich Theater, Kunsterziehung, Sprachunterricht, Übersetzung und Buchillustration. Zwischen 2000 und 2004 arbeitete sie am internationalen M.A.I.S. Projekt von Torsten und Nina Römer mit, bevor sie seit 2011 die private Einrichtung »Kinderkunstlabor« ins Leben rief.
Das Pendeln zwischen Düsseldorf/Wuppertal und Moskau hat speziell in den »fetten Jahren« 2001–2009 einen sehr kontrastreichen Eindruck hinterlassen und beeinflusste ihre künstlerische Arbeit stark.
Als sie 2014 die Kunsthistorikerin und Kuratorin Natalia Gershevskaya kennenlernte und beide sich in vielen gemeinsamen Gesprächen über die im Vergleich zum Leben in Deutschland schnellen Szeneriewechsel, die manchmal grotesken, aber auch glamourösen Inszenierungen und Eitelkeiten und das unersättliche und hastige Leben im Moskau dieser Zeit und auch über die Kunst, welche dies alles reflektiert, austauschten, war das Thema des Projektes geboren – »…nach Glamour«, wie Natalia Gershevskaya es in Form des Titels der Ausstellung dann treffend artikulierte.
Jewgenija Tschuikowa was born into a family of artists in 1972.
Her grandparents, Evgenia Maleina and Semion Chuikov, played a significant role in the Soviet art scene. Her father, Ivan Chuykov, was an active member of the underground art scene and contributed to the development of »Moscow conceptualism«. Her mother, Galina Malik, worked in several fields, including costume design for theatre and television.
Starting in 1989 Jewgenija first studied at the Moscow Publishing and Polygraphic College. She then went on to study at the Kunstakademie Düsseldorf, the Düsseldorf Art Academy. This period was exactly the time of the political changes in Eastern Europe and the dissolution of the Soviet Union. She finished her studies in 1997 as professor Christian Megert’s master student. 18 more years in Germany followed, during which she participated in various international projects and exhibited her work in several solo exhibitions – since 2001 also in Russia. From 2005 till 2012 she worked with the Aidan Gallery, the first private gallery for modern art in Russia. During that time, she intensified her contact with the Moscow art scene. Work in theatre, art education, language instruction, translation and book illustrations followed. Between 2000 and 2004, she worked on Torsten and Nina Römer’s international »M.A.I.S.« project. In 2011she founded the »Kinderkunstlabor« private institute.
During »the fat years« of 2001–2009, commuting between Düsseldorf, Wuppertal and Moscow made an especially intense impression on her and also had a strong influence on her art.
When she met art historian and curator Natalia Gershevskaya, they talked a great deal about themes like fast changes of scenery which can be grotesque but can also provide a glamorous backdrop, about vanity, and about the relentless pace of life in Moscow at that time compared with Germany. They also talked about the reflection of all of these in art. Finally Natalia Gershevskaya came up with the apt title for the new project emerged »…nach Glamour«.